Ein neuer Artikel auf ORF Kärnten macht uns darauf aufmerksam, daß laut einer Studie die Kärntner Bevölkerung für sogenannte Verschwörungstheorien besonders offen sei (gefolgt von Salzburg und Tirol). Ins Reine geschrieben bedeutet das, daß der Prozentsatz derer, die auf die offizielle Meinung, die man zu meinen hat, mit Recht pfeifen, in Kärnten besonders groß ist.

Möglicherweise reagiert der ORF deshalb besonders pikiert, weil er hierzulande besonders hohe Ausschaltquoten erreicht, so wie auch diese eine Drucksache aus der Funderstraße – jener bebilderte Werbeträger mit Haltung – zusehends die Auflagezahlen der Spatzenpost unterschreitet und dasteht wie der Oberlehrer, der nach der Matura (das ist nicht umsonst die Reife) seiner Schülerhorde mit Schmerzen bemerken muß, daß ihm keiner mehr zuhört. (Es hat natürlich nur ein paar Tage gedauert, bis auch dieses Druckerzeugnis über die Theorie von der Verschwörungstheorie berichtet hat. Natürlich lustig bebildert.)
ORF Kärnten bringt bei seinem Artikel das Kunststück fertig, als Blickfang nicht etwa das übliche Männchen mit Aluhut zu zeigen, sondern ein Foto von einem Himmel mit etwas, was es gar nicht gibt. Für den Artikel ein solches Foto vom veruntreuten Himmel, den es in dieser Form – ich will mich hängen lassen – so vor 20 Jahren tatsächlich noch nicht gegeben hat, zu knipsen, ist auch gar nicht schwer, da das Firmament in regelmäßigen Abständen mit dem, was wir für Kondensstreifen halten sollen, geschmückt ist; indessen uns sogar die BBC vorsichtig mit dem Gedanken vertraut machen will, daß es das, was es nicht gibt, vielleicht dann doch offiziell geben könnte, wenn’s nur für’s wandelhafte Klima gut ist.
Mit anderen Worten: Die Verwendung dieses Fotos zeigt, daß die Redaktion das, was die Verschwörungspraktiker regelmäßig produzieren, den Verschwörungstheoretikern als Hirngespinst umgehängt wird, womit also das, was es gar nicht gibt, obwohl es unübersehbar ins Auge sticht, plötzlich gerade dann doch existiert, wenn man es braucht, um Menschen zu diffamieren, die gewisse Dinge ansprechen, die es offiziell nicht gibt, weil es sie nicht geben darf. Die Möglichkeit, daß man hier versucht, Menschen als Verschwörungstheoretiker zu beleidigen, die sich von diesem Prädikat gar nicht beleidigt sondern geehrt fühlen, weil sich die etwas überstrapazierte Vokabel längst als Synonym für eine Portion gesunder Skepsis etabliert hat, kommt den Redakteuren von Radio Eriwan, pardon, ORF Kärnten gar nicht in den Sinn. Wer heutzutage angesichts der offen zu Tage tretenden Schmutzereien auf hohen und höchsten Ebenen (und dahinter) schon rein gar nichts mehr für ausgeschlossen hält, ist – wenn nichts Schlimmeres – eben ein Verschwörungstheoretiker.
Es scheint sich außerdem in den schlecht gelüfteten Redaktionsstuben der Gedanke noch nicht eingeschlichen zu haben, daß der Begriff Verschwörungstheoretiker jemanden bezeichnet, der sich mit einer Theorie auseinandersetzt, somit also: denkt. Leider denkt er, der Verschw.Th., aber das, was er nicht denken soll und was leider, leider mangels gesetzlicher Grundlage (an der aber sicher schon gebastelt wird) noch nicht verboten ist.
Nun ist es sehr billig, auf ORF Kärnten und auflagenkleine Zeitungen hinzuhauen, weil sie hier ja nichts besonders Idiotisches erfunden haben, sondern nur über etwas besonders Idiotisches berichten. (Darf ein Rechtsanwalt etwas als völlig idiotisch bezeichnen? Ja er darf etwas völlig Idiotisches als idiotisch bezeichnen. Zeigen sie mich an.) Das Idiotische ist nämlich die referierte Studie selbst. (Das Winston Churchill zugeschriebene Diktum, er glaube keiner Statistik, die er nicht selbst gefälscht hat, sagt wohl nur aufgrund eines Übersetzungsfehlers „Statistik“ statt richtig: „Studie“.)
Und diese Studie ist nicht deshalb so besonders idiotisch, weil sie etwa von einer vegan-diversen Studentenorganisation stammt, sondern so richtig offiziell von einem Institut (es nennt sich Österreichischer Wissenschaftsfonds), und das so richtig für Geld – IHREM Geld, genauer gesagt für die Petitesse von EUR 431.991 aus dem Steuertopf. Schön. Auch so kann man ein paar Studierte, die in der freien Wildbahn nicht überlebensfähig sind, für einige Zeit über Wasser halten. Dabei hätte ich den Auftraggebern wesentlich billiger verraten können, daß es außerhalb der Wagenburg der Staatsmeinung, aus der mit immer mieserer Munition herausgeschossen wird, auch noch andere Meinungen zu aktuellen Themen gibt. (Man tröstet sich mit dem Gedanken, daß wohl dunnemals auch die geflüsterte Botschaft, daß die Alliierten in der Normandie gelandet seien, als Verschwörungstheorie abgetan wurde. Damals war es übrigens verboten, Feindsender zu hören, was aber eigentlich die Englischen betraf und nicht die Russischen. Aber ich schweife ab.)
Natürlich glauben die Macher, es dem politischen Gegner mit ihrer Schtudie und ihren Artikeln wieder einmal anständig hineingesagt zu haben (wohl mit den selbstzufriedenen Worten „Das hat aber gesessen!“, bevor der/das Redaktör:in in den verdienten Schlaf sinkt). Dabei bestätigt die Studie nur, daß viele Kärntner doch noch hin und wieder vom Smrt-Phone aufblicken und ihr Hirn noch immer nicht auf Autopilot umgestellt haben.
MS
31.10.2025
