„Echte alte Musik“ – Anspruch der AKM auf Programmauskunft?

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Wer sich mit Musikaufführungen befaßt, dem wird die AKM ein Begriff sein: die Genossenschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger nimmt, auf Grundlage gesetzlicher Monopolstellung, die musikalischen Urheberrechte in Österreich wahr, d.h. sie kassiert Tantiemen für öffentliche Musikaufführungen. Trifft dies jedoch tatsächlich für alle öffentlichen Musikaufführungen zu? Die Antwort lautet: nein, wenngleich die AKM ohne Zweifel für den überwiegenden Teil öffentlicher Musikdarbietung zuständig ist. Was bedeutet das im Detail?

Urheberrechtsgesellschaften wie die AKM nehmen die Rechte der Urheber für geschützte Musik wahr, d.h. für Werke, deren Urheberrechtsschutz noch nicht abgelaufen ist. Bekanntlich ist der Urheberrechtsschutz bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers aufrecht; schaffen mehrere Urheber ein Werk (z.B. ein Textautor und ein Komponist), richtet sich die Schutzfrist nach dem letztlebenden Urheber. Daher ist auch das gesamte „aktuelle“ Musikrepertoire als geschützt anzusehen, und das beginnt bei alten Schlagerliedern („Evergreens“) und geht bis zu aktuellen „Hits“. Für dieses Repertoire also, das urheberrechtlich geschützt ist, ist die AKM zum Einheben eines Entgelts (Tantiemen) berechtigt.

Aber nicht alle Musiker spielen moderne Musik. Es gibt durchaus Veranstaltungen, bei denen ausschließlich gemeinfreie (d.h. nicht mehr geschützte) Musik gespielt wird: Brauchtumsveranstaltungen, bei denen ausschließlich freie Volksweisen gespielt werden, Konzerte, bei denen ausschließlich „alte Musik“ zur Aufführung gelangt, also etwa Barockmusik, Klassik, Renaissancemusik usw. im Original. (Wichtig ist, daß die gemeinfreie Musik auch nicht in moderner Bearbeitung gespielt wird, da in solchen Fällen die Bearbeitung wiederum ein geschütztes Werk darstellen würde! Wichtig ist auch, daß im jeweiligen Konzertprogramm nicht ein einziges geschütztes Werk vorkommt, da schon ein einzelnes Werk aus dem – geschützten – AKM-Repertoire die Verpflichtung auslöst, Tantiemen zu bezahlen.)

Wo ausschließlich freie Musik gespielt wird, sind keine Tantiemen zu bezahlen, und es besteht auch keine Verpflichtung, eine Programmliste abzuliefern. Häufig kommt es jedoch vor, daß die AKM auch die Veranstalter solcher Aufführungen kontaktiert und ein Programm einfordert. In diesen Fällen ein Programm abzuliefern, kann zwar als höfliches Entgegenkommen gesehen werden, jedoch besteht hiezu keine gesetzliche Verpflichtung. Dennoch besteht die AKM manchmal auf Ausfolgung eines Programmes und verweist dabei auf Judikatur zur sogenannten „AKM-Vermutung“ – diese legt die AKM so aus, daß bei jeder Musikaufführung vermutet werden kann, daß AKM-Repertoire gespielt wird. Das entspricht jedoch nicht dem Inhalt und dem Hintergrund dieser Judikatur: die sogenannte AKM-Vermutung bedeutet lediglich, daß dann, wenn moderne (also geschützte) Musik gespielt wird, diese zum AKM-Repertoire gehört.

Höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob die AKM einen Auskunftsanspruch bei Aufführung freier Werke hat, gibt es noch nicht. Allerdings kann angenommen werden, daß dieser Auskunftsanspruch nicht besteht – ebensowenig wie ein Anspruch auf ein Entgelt.

Für die Frage, ob ein Werk geschützt ist oder nicht, brauchen lediglich die Lebensdaten der Urheber (Komponisten, Textdichter, Arrangeure) überprüft werden. Eine weitere Hilfestellung bietet die Werkrecherche der AKM/Austro Mechana.

 

Noch ein wichtiger Hinweis: die Zahlung eines AKM-Entgelts ist, wenn (auch) geschützte Musik gespielt wird, nur bei öffentlichen Aufführungen verpflichtend.
Eine Hochzeit gilt, auch bei noch so großem Besucherkreis, nicht als öffentliche Veranstaltung (OGH in 4Ob347/97a), da sie nicht der Allgemeinheit zugänglich ist; daher ist auch kein Entgelt an die AKM zu bezahlen – ungeachtet dessen, ob geschützte oder gemeinfreie Musik gespielt wird.

Dazu einige Rechtssätze:
RS0109108Die Zahl von 120 Hochzeitsgästen schließt das Vorliegen einer privaten Veranstaltung nicht aus. Üblicherweise laden beide Brautleute Verwandte, Freunde, Bekannte und Berufskollegen ein. Da sich diese Personenkreise, jedenfalls zum Teil, nicht decken, setzt die Wertung der Hochzeitsfeier als private Veranstaltung entgegen der Auffassung der Klägerin (die AKM, Anm.) nicht voraus, daß eine Person „private“ Beziehungen zu insgesamt 120 Personen unterhält. Eine Hochzeitsfeier ist typischerweise auf einen in sich geschlossenen, nach außen abgegrenzten Personenkreis abgestellt.

Und hinsichtlich anderer Gasthausbesucher, die bei einer Hochzeitsmusik mitlauschen, RS0109109Eine solche Hochzeitsfeier ist auch dann keine öffentliche Veranstaltung, wenn andere Personen die Musikaufführungen hören können oder die Möglichkeit dazu haben.

 


Mag. Michael Seeber, Stand 22.07.2016