Im Wald, da sind die Räuber – Anmerkungen zum Holzgeschäft.

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Dieser Artikel befasst sich mit den Schwierigkeiten des Holzverkaufs. Obwohl der Handel mit dem Rohstoff Holz vom Prinzip her sehr einfach erscheint, kann es bei der Aufarbeitung zu erheblichen Schwierigkeiten kommen.

Das Prinzip scheint einfach: Holz wird am Stock (oder etwa nach einem Windwurf) an ein Sägewerk verkauft. Die Aufarbeitung übernimmt ein Holzbringungsunternehmen, das die aufgearbeiteten Stämme an der Waldstraße oder auf einem Lagerplatz aufstockt. Ein Holzfrächter transportiert die Stämme zum Sägewerk, wo sie im Idealfall elektronisch vermessen werden und daraus ein Abmaßprotokoll mit der genauen Anzahl angelieferter Stämme, der Holzqualität A, AB oder Cx und der vermessenen Kubatur in Festmetern ausgestellt wird. Anhand dieser Kubatur werden dann der Frächter und das Bringungsunternehmen bezahlt und auch der Holzverkäufer (Waldbesitzer) erhält sein Geld, das anhand der Kubatur und der ausgewiesenen Holzqualitäten berechnet wird.

Dieses System ist denkbar einfach. Problematisch kann das Geschäft aber werden, wenn zwischen Waldbesitzer und Sägewerk ein Holzhändler zwischengeschaltet ist. Dann liegen die Probleme bei der Abrechnung im Detail, weshalb nicht selten zunächst die Intervention eines Rechtsanwalts und eine Klage notwendig wird, mit der die ganze Angelegenheit dann vor Gericht landet.

Ein häufiger Fehler ist die ungenaue Vereinbarung mit dem Händler darüber, auf welcher Grundlage überhaupt abgerechnet werden soll. Nur mehr in seltenen Fällen erfolgt eine Abrechnung nach Waldmaß. Vorbei die Zeit, da noch im Wald Holz nach Elle, Klafter oder Faden (früher gebräuchliche Maßeinheiten) gemessen wurde. Gebräuchlich ist heute natürlich die praktischere und genauere die Abrechnung nach Werkseingangsmaßen, also nach der oben genannten maschinellen (elektronischen) Vermessung bei Übernahme im Sägewerk.

Was aber sind diese Abmaße (Kubatur, Stückzahl, Qualität) und wie können sie kontrolliert werden, wenn zwischen Waldbesitzer und Sägewerk ein Holzhändler steht? Auch wenn im Kaufvertrag (auch: Schlussbrief) mit dem Händler eine solche Abrechnung nach Werksabmaßen vereinbart ist, könnte der Händler, der das Holz im eigenen Namen an das Sägewerk verkauft, die Herausgabe der originalen Abmaßprotokolle verweigern und behaupten, dass eine von ihm selbst verfertigte Liste genüge, da diese ja ohnehin nur eine andere Formatierung der originalen Abmaße darstellt. Ob das wirklich stimmt, wird man ohne einen Vergleich mit den originalen Abmaßen niemals feststellen können.

Waldbesitzer oder Forstunternehmern werden unter diesen Umständen (d.h. bei unklarer vertraglicher Lage) natürlich keine Möglichkeit haben, die Abmaße direkt beim Sägewerk zu verlangen oder dort in die Protokolle Einsicht zu nehmen. Leider völlig zu Recht – ein Vertragsverhältnis besteht ja nur zwischen dem Sägewerk und dem Händler, der hier ja offiziell als Verkäufer auftritt, und nicht mit dem Waldbesitzer oder dem Schlägerungsunternehmen. Im Gegenteil, das Sägewerk wird sich gegenüber jedem, der nicht sein direkter Vertragspartner ist, auf den Datenschutz und das Geschäftsgeheimnis berufen.

Es gibt Holzhändler, die tatsächlich behaupten, keine Abmaßprotokolle mehr von den Sägewerken zu bekommen, sondern nur Datensätze. Man könne daher, heißt es dann, unbedingt darauf vertrauen, dass die vom Händler ausgestellten Protokolle gänzlich mit den originalen Sägewerksabmaßen übereinstimmen. Wie soll aber eine Kontrolle möglich sein, wenn die Übermittlung der originalen Sägewerksprotokolle, mit denen man die Daten ja abgleichen könnte, schlichtweg verweigert wird? Als Vorkehrung empfiehlt es sich daher, in den Schlussbrief bzw. Kaufvertrag die Vereinbarung aufzunehmen, dass der Holzhändler dem Verkäufer die originalen Sägewerksprotokolle (und nicht nur die „Abmaße“, unter denen die bloßen Maßangaben verstanden werden können) zumindest in Kopie zur Verfügung zu stellen oder andernfalls den Verkäufer oder das Schlägerungsunternehmen zu bevollmächtigen hat, im eigenen Namen beim Sägewerk in die originalen Abmaße Einsicht zu nehmen.

Uns ist ein Fall bekannt, in dem ein Holzhändler beharrlich die Herausgabe der Sägewerksprotokolle verweigerte und behauptete, vom Sägewerk solche Protokolle überhaupt gar nicht erhalten zu haben. Vielmehr habe er stattdessen verschlüsselte und absolut „fälschungssichere Datensätze“ vom Sägewerk erhalten, weshalb die von ihm übermittelten Listen einfach richtig und vollständig sein müssen. Bei weiterer Nachfrage berief sich dieser Holzhändler auf das System nach FHP-DAT, das aber alles andere als ein verschlüsseltes Dateiformat ist. Es ist zwar möglich, dass Holzhändler die Abmaße als werksseitige Abmaßprotokolle (als PDF oder in Papierform) und als Datensatz nach FHP erhalten, aber wohl kaum nur den Datensatz anstelle des Originalprotokolls.

Das Format nach FHP (Forst – Holz – Papier) ist kein selbständiges Dateiformat, wie etwa *.doc oder *.pdf, sondern lediglich eine speziell eingerichtete xml-Datei, in dem Holzübernahmedaten, wie Kubaturen, Qualitäten etc. nach einem von FHP entwickelten Standard aufgelistet sind. Verschlüsselt ist hier aber gar nichts, denn jede xml-Datei kann mittels Excel oder einem Text-Editor umgeschrieben werden. Ob sich der Holzhändler tatsächlich die Mühe macht, eine solche Datei zu seinen Gunsten umzuschreiben, steht für sich. Die Tatsache aber, dass es grundsätzlich möglich wäre, da der Dateiinhalt geändert werden kann, muss jedenfalls hellhörig machen.

Der Waldbesitzer hat natürlich die Möglichkeit, die Bekanntgabe oder Herausgabe der originalen Abmaße im Klagswege zu erzwingen. Auf welche Weise dies zu erfolgen hat, wurde von den Gerichten bisher nicht abschließend beantwortet. Eine Möglichkeit besteht in einer Herausgabeklage, gestützt auf den Standpunkt, dass es sich bei den originalen Abmaßprotokollen um sogenannte gemeinsame Urkunden handelt. Dies wird am ehesten dann erfolgreich sein, wenn sich aus dem Charakter des Geschäfts ergibt, dass die Protokolle solche gemeinsamen Urkunden sind (z.B. da beide Seiten Anspruch auf Einsicht in diese Urkunden haben), oder wenn dies ausdrücklich im Kaufvertrag/Schlussbrief so festgehalten ist. Diesen Weg können sowohl der Waldbesitzer als auch das Schlägerungsunternehmen gehen.

Die zweite Möglichkeit betrifft am ehesten das Schlägerungsunternehmen, das ja seine Leistungen gegenüber dem Holzverkäufer verrechnen muss (natürlich nur dann, wenn es vom Holzhändler und nicht vom Waldbesitzer beauftragt wurde). Diese Abrechnung der Arbeitsleistung nach Festmetern kann natürlich nur dann richtig sein, wenn die Daten stimmen. Werden diese Daten nicht oder nicht vollständig übermittelt, kommt eine Klage auf Rechnungslegung in Frage. Rechnungslegung bedeutet in diesem Zusammenhang noch nicht die schlussendliche finanzielle Abrechnung, sondern zuerst die zugrundeliegende Abrechnung der Mengen. Dies setzt ein Vertragsverhältnis voraus, es muss Unklarheit über den Gegenstand der Abrechnung herrschen und es muss unmöglich sein, die Abrechnung auf andere Weise vorzunehmen. Kann die Abrechnung nämlich auf anderer Grundlage erfolgen, so sollte gleich auf Leistung (Zahlung) geklagt werden. Höchstgerichtliche Rechtsprechung speziell zur Rechnungslegung im Holzhandel gibt es, soweit erkennbar, noch nicht.

Die Frage der Abrechnung stellt sich natürlich erst dort, wo das Holz auch ordnungsgemäß abtransportiert und erfasst wurde. Dort aber, wo Holz einfach „verschwindet“, weil es keine Kontrolle bei der Abfuhr gibt, gestaltet sich die Frage der Abrechnung umso schwieriger. Wo also nicht zumindest Übernahmepapiere oder Lieferscheine vorliegen, fehlen die Grundvoraussetzungen, um einen Abgleich herzustellen. Wenn also der betreffende Wald eine überschaubare Anzahl an Ausfahrten hat oder die Abfahrt nicht persönlich kontrolliert werden aknn, empfiehlt sich unter Umständen die Anbringung von Wildkameras, anhand derer mit Fotos zumindest die Anzahl der LKW-Fuhren (und damit eine ungefähre Holzmenge) nachvollzogen werden kann. (Die Anbringung von Kameras ist allenfalls datenschutzrechtlich abzuklären.)

Die obigen Angaben resultieren aus den bisherigen Erfahrungen mit einschlägigen Prozessen und speziell den erkennbaren Ausflüchten eines Holzhändlers, der womöglich gute Gründe hatte, die originalen Abmaßprotokolle (in diesem Falle wohl mehrere hundert) zurückzuhalten.

Die Manipulationsmöglichkeiten beim Holzhandel sind, trotz hohem Grad der Technisierung, noch immer mannigfaltig. Auch das genaueste elektronische Vermessungssystem eines Sägewerkes kann nur jenes Holz vermessen, das auch angeliefert wird. Und es wird nur dort nachverfolgt werden können, wo beim Sägewerk der richtige Lieferant (Holzverkäufer) angegeben ist.

Kaum ein Wald läßt sich rund um die Uhr bewachen, und wo keine Einsicht in Abrechnungsgrundlagen gewährt wird und größere Holzmengen nicht abgerechnet werden, stehen die Beteiligten bald im Ruch von Diebstahl und Betrug, auch wenn dieser Verdacht nicht zutreffend muß.

MS
Stand: Jänner 2024