Maskenbefreite Lehrerin entlassen – Bildungsdirektion und Medien auf Linie.

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In einem großen Artikel brachte die „Kleine Zeitung“ vom 9. März 2021 eine neue „Corona“-Geschichte:

Keine Maske, kein Attest: „Fristlose für Lehrerin“
Pädagogin … hat die Umsetzung aller Corona-Schutzmaßnahmen verweigert.
„Auf diese Premiere hätten wir gerne verzichtet.“ Bildungsdirektor Robert Klinglmair ist erstaunt und fassungslos über das Verhalten einer Pädagogin. Diese wurde in der vergangenen Woche fristlos entlassen, weil sie keine Corona-Schutzmaßnahmen umsetzen wollte […]. „Uns blieb gar keine andere Wahl“, sagt Klinglmair. […]
Die Lehrerin […] hat sich laut Klinglmair geweigert während des Präsenzunterrichts eine Schutzmaske zu tragen, weder eine FFP2-Maske, noch eine andere. Auch ein ärztliches Attest, das sie vom Tragen einer Maske entbunden hätte, habe die Frau nicht vorlegen wollen.
„Zudem hat sie sich geweigert die Schüler bei der Durchführung der Selbsttests zu beaufsichtigen“, sagt Klinglmair. Das käme rechtlich einer Verweigerung gleich, Erste Hilfe zu leisten. Alle Gespräche mit der Pädagogin seien erfolglos gewesen, so Klinglmair. Besonders die Schulleitung habe sich sehr bemüht. Auch mündliche und schriftliche Ermahnungen konnten die Lehrerin aber nicht umstimmen, sodass es zu dem drastischen Schritt gekommen ist. „Die Frau verbaut sich mit diesem Verhalten ihr ganzes Berufsleben“, sagt Klinglmair.
[usw. usf.]

Kleine Zeitung vom 9. März 2021

Auch wenn man von der „Kleinen Zeitung“ einiges gewöhnt ist, ist es doch immer wieder erstaunlich, wie auf so knappen Raum so viele Halb- und Unwahrheiten Platz finden. Richtig ist immerhin, daß die (von unserer Kanzlei) vertretene Lehrerin fristlos entlassen wurde.

Falsch ist, daß die Lehrerin „alle Corona-Schutzmaßnahmen“ verweigert habe.

Richtig ist, daß die Lehrerin aufgrund ihrer Maskenbefreiung andere Schutzmaßnahmen vornahm (Gesichtsschild anstatt Maske).

Falsch ist, daß der Schulbehörde „gar keine andere Wahl“ geblieben sei als die Entlassung.

Richtig ist, daß die Situation nicht aufgrund einer Weigerung der Lehrerin eskalierte, sondern daß es die Behörde war, die nicht einmal die rechtlich gegebenen Ausnahmen zur Maskenpflicht akzeptieren wollte.

Falsch ist, daß die Lehrerin das Tragen einer Schutzmaske verweigert habe.

Richtig ist, daß ihr dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist.

Falsch ist, die Lehrerin habe kein fachärztliches Attest vorlegen wollen.

Richtig ist, daß die Schulleitung noch im Dezember 2020 das gültige Befreiungsattest der Lehrerin sogar schriftlich akzeptierte, zum Ende des Semesters davon aber nichts mehr wissen wollte.

Falsch ist, die Lehrerin habe die Beaufsichtigung der Schüler-Selbsttests verweigert.

Richtig ist, daß dies nach diesseitigem Standpunkt eine ärztliche Leistung im Sinne des Schulunterrichtsgesetzes darstellt, die nur freiwillig erfolgen kann und somit vom Dienstgeber nicht zum Inhalt einer Weisung gemacht werden kann.

Falsch ist, daß die Ablehnung der Testbeaufsichtigung einer „Verweigerung der Ersten Hilfe“ (sic!) gleichkomme.

Richtig ist, daß sich die Lehrerin nicht an einer behördlich verordneten potenziellen Selbstverletzung der Schüler beteiligen will.

Nicht genug damit, daß die Behörde das gültige Maskenbefreiungsattest eines Allgemeinmediziners ignorierte, sie verlangte ohne rechtliche Begründung die Einholung eines fachärztlichen Attests unter Offenlegung der Befreiungsgründe. Der Einwand, daß dies einen unzulässigen Einblick in die Krankenakte bedeuten würde, der jedem Datenschutz zuwiderläuft, wurde ebenso ignoriert.

Bemerkenswert ist nun der Ablauf in den letzten Tagen:
Die Entlassung wurde mit Schreiben vom 05.03.2021 ausgesprochen, das der Lehrerin aber erst am 09.03. zuging. Die Lehrerin mußte daher zuerst aus der „Kleinen Zeitung“ von ihrer Entlassung erfahren. Es ist bisher ungeklärt, wie die „Kleine Zeitung“ an entsprechende Informationen gekommen ist. Sollte die Bildungsdirektion oder die Schulleitung von sich aus die Zeitung angesprochen haben, so stellt sich die Frage, warum die Behörde mit solchen Interna offensiv an die Öffentlichkeit geht – wenn dies nicht der Abschreckung für andere kritisch gesinnte Lehrer dienen soll.

Interessant ist ferner, daß die Redaktion der „Kleine Zeitung“ am 09.03, als der Artikel bereits erschienen war, die Lehrerin mittels ihrer dienstlichen E-Mail-Adresse um eine Stellungnahme ersuchte. Abgesehen davon, daß die Nachfrage um eine Gegendarstellung, wenn ein Artikel mit zahlreichen Anschuldigungen längst gedruckt ist, reichlich spät kommt, stellt sich die Frage, ob eine solche Berichterstattung mit journalistischen Regeln der „alten Schule“ (check, re-check, double-check) vereinbar ist. Und es stellt sich die Frage, ob Schulleitung oder Bildungsdirektion dazu befugt sind, Namen und persönliche Kontaktdaten einer Lehrerin an die Presse weiterzugeben, noch dazu angesichts der Tatsache, daß sie schon die längste Zeit anwaltlich vertreten ist und – ohne Verletzung des Datenschutzes – über ihren Anwalt erreichbar gewesen wäre.

Ob schließlich die recht unmißverständliche Aussage „die Frau verbaut sich mit diesem Verhalten ihr ganzes Berufsleben“ in irgendeiner Weise als milde formulierte Drohung aufzufassen ist, wird die Bildungsdirektion noch zu erklären haben.

Der Inhalt des „Kleine Zeitung“-Artikels wurde kritiklos und ohne weitere Überprüfung in OE24, ORF.at und anderen Medien ungeprüft wiedergekäut. So sieht Qualitätsjournalismus 2021 aus.

Die Redaktion der „Kleinen Zeitung“ wurde bereits am Erscheinungstag des Artikels unter Angabe der Fakten zur fälligen Richtigstellung aufgefordert. Die Redaktion hat es bisher nicht der Mühe wert befunden, hierauf auch nur zu antworten. An einer Gegendarstellung besteht journalistisch offenbar kein Interesse, ist doch das Plansoll einer weiteren negativen, abschreckenden Corona-Schlagzeile erfüllt – alles andere ist nebensächlich.

Die Entlassung wird selbstverständlich angefochten. Eine Kollegin berichtet uns von einem ähnlichen Fall einer Lehrerin in Oberösterreich, der gegenüber heute (10.03.) ebenso die Entlassung ausgesprochen wurde; weitere Fälle von Lehrern, die sich rechtswidrigen Weisungen nicht unterordnen wollen, könnten folgen.

Wir berichten über die Weiterungen.

MS (Stand: 10.03.2021)